13. Dezember – Der hl. Herman von Alaska
von Fleisch auch für Mönche gestattet.
Die Liebe des hl. Herman zu den Aleuten machte auch vor einer ansteckenden Seuche
nicht Halt. Einmal brach eine von einem amerikanischen Schiff eingeschleppte
Epedemie aus, die besonders die Aleuten traf; ein ansteckendes Fieber, an welchem den
Mensch im Laufe von 3 Tagen starb. Die Krankeit verbreitete sich so rasch, daß bereits
3 Tage nach ihrem Ausbruch schon niemand mehr vorhanden war, der die
Verstorbenen begraben konnte, und die Leichen unbestattet herumlagen. Der
damalige Leiter der Kolonie Simeon Janowskij berichtet, wie er damals die Aleuten in
ihren “Kaschims” aufsuchte, große, im Innern durch Bretterwände abgeteilte,
Holzbaracken, in denen ganze Familien zusammen wohnten, und bis zu hundert
Menschen gleichzeitig lebten.
-Dort lagen bereits kalt werdende Sterbende neben noch Lebenden oder
bereits Verstorbenen. Stöhnen und Schreie preßten das Herz des Vorstehers
zusammen, der trotz allem Fragen stellte, Anweisungen gab und die Leute zu
ermuntern und zu trösten suchte. Bereits gestorbene Mütter lagen auf dem Boden,
über deren Brüste hungrige Kinder krabbelten, weinend auf der Suche nach Speise - ,
aber umsonnst! In dieser für alle schweren Zeit suchte der hl. Herman unermüdlich die
Kranken und Sterbenden auf. Bestärkte sie in der Geduld, im Gebet, in der Buße und
half ihnen sich auf den Tod vorzubereiten. Gleichzeitig kümmerte er sich um
Verwaiste, die alle Angehörige verloren hatten.
Bei der Vermittlung des Christlichen Glaubens bemühte sich der hl. Herman besonders
um die sittliche Erziehung der Aleuten. Für diesen Zweck hatte man ihm eine Schule
gebaut. Er selbst gab dort Religionsunterricht und unterwies im Kirchengesang. Zum
selben Zweck versammelte er auch an Sonn- und Feiertagen die Einheimischen zum
Gebet. Er las die verschiedenen Gebete, die Apostelgeschichte und das Evangelium und
lehrte sie mündlich. Seine Schüler sangen. Die Aleuten liebten es seine Anweisungen zu
hören und kamen in großer Zahl zu ihm. Die Rede und die Gespräche mit dem Starzen
wirkten begeisternd und übten eine unbegreifliche Gewalt auf den Zuhörer aus. Dies
bezeugt der hl. Herman selbst in einem Brief, in welchem er beschreibt, wie eine junge
Frau ihn das erste mal, von der Menschwerdung des Sohnes Gottes und vom ewigen
Leben predigen hört und darüber von einer solchen Liebe zu Jesus Christus ergriffen
wird, daß sie den Starzen unter keinen Umständen mehr verlassen möchte. Allen
Widrigkeiten zum Trotz blieb sie tatsächlich bei der Schule wohnen. Diese Frau, Sophia
ist ihr Name, unterrichtete in der Folge selbst die Kinder und wachte über ihre sittliche
Erziehung. Sie blieb bis zu ihrem Tod auf der Insel und ist auch dort begraben. Ein
weiteres Zeugnis von der Kraft des Gespräches und des Umgang mit dem hl. Herman
gibt der bereits zitierte Simeon Janowskij, der spätere Schimamonach Sergej. Nach
seiner Beschreibung in einem Brief, war der hl. Herman von
“ mittlerer Größe. Sein Gesicht war rund, mit freundlichem, ja glücklichem
Ausdruck und einem bereiten Lächeln. Seine Rede war nicht laut, immer angenehm
und was er sagte war immer interressant, erbauend und nützlich. Er liebte es zu
sprechen, und er sprach dabei mit Verstand, in einer geschäftigen, immer auf den
Punkt kommenden Weise. Mehr als alles liebte er es über die Ewigkeit zu sprechen,
über die Erlösung, über das kommende Leben, die Wunder Gottes und die Heiligen
13. Dezember – Der hl. Herman von Alaska
Märtyrer, ohne daß ihm jemals dazu ein leeres Wort entfuhr. Er erzählte viele
Ereignisse aus dem Heiligenleben und dem Prologue. Es war angenehm ihm
zuzuhören, was die einfachen Aleuten und ihre Frauen bezeugten, die seine Reden
liebten. Der hl. Herman hatte wenig graue Haare und einen schütteren Bart. Sein
Gesicht war blaß und gefurcht. Seine Augen waren grau-blau und zwinkernd. Als ich
ihn kennen lernte, war er 65. Mit 70 starb er. Er liebte mich wie einen Sohn und war
übererfreut über meine Umkehr zur Wahrheit.”
Zwei Jahre verbrachte Simeon Janowskij, mit fast täglichen nächtlichen Gesprächen mit
dem Heiligen Starzen und wurde so allmählich von seiner freidenkerischen Gesinnung
zu einer wahren christlichen Gesinnung bekehrt. Nach dem Tod seiner Frau trat er ins
Kloster ein. Seinem Beispiel folgte auch sein leiblicher Sohn. Hier ein Beispiel für eine
geistliche Unterweisung des hl. Herman aus einem Brief an Simeon Janowskij:
“Der Glaube und die Liebe zu Christus machen den wahren Christen aus. Unsere
Sünden verhindern in keiner Weise unser Christsein. Christus sagte, daß Er nicht
gekommen ist Gerechte zu richten, sondern Sünder zu retten, und daß im Himmelreich
mehr Freude ist über einen Sünder, der bereut, als über 99 Gerechte . . . Zu Simeon
dem Pharisäer sagte Er in Bezug auf das Weib, das eine Unzüchtige war, und Seine
Füße wusch, ` viel wird denen vergeben, die lieben und viel wir von denen gefordert,
die keine Liebe haben ` . Solche Gedanken sollten dem Christen Hoffnung und Freude
geben und nicht ihn zur äußersten Verzweiflung bringen. Hier ist der Schild des
Glaubens notwendig. Eine Sünde ist für eine Person, die Gott liebt, nicht mehr als ein,
vom Feind, während der Schlacht, abgeschossener Pfeil. Ein wahrer Christ ist ein
Krieger, der sich seinen Weg durch die Scharen der unsichtbaren Gegner bis zu seinem
Platz im Himmel durchkämpft. Die leeren Wünsche dieses Zeitalters entfernen uns
vom himmlischen Vaterland, und die Liebe zu diesen und die Gewohnheit kleiden
unsere Seele wie in ein schamloses Kleid. Von den Aposteln wird es der “äußere
Mensch” genannt. Wir, die wir in diesem Leben reisen und Gott um Hilfe anrufen,
müssen diese Schamlosigkeit ablegen und uns mit neuen Wünschen einkleiden, mit der
neuen Liebe zum kommenden Zeitalter und hierbei unsere Annäherung oder
Entfernung vom himmlischen Vaterland feststellen. Aber rasch kann man das nicht
bewerkstelligen. Man muß da dem Beispiel der Kranken folgen, welche die ersehnte
Gesundheit anstreben und nicht ablassen nach Mitteln zu ihrer Heilung zu forschen.”
Der hl. Herman suchte nichts für sich selbst. Schon zu Anfang, als er gerade erst nach
Amerika gekommen war, verzichtete er aus Demut auf die Priesterweihe, und blieb für
immer einfacher Mönch. Ohne die leiseste Furcht vor den Mächtigen eiferte er mit
ganzem Herzen für Gott. Mit demütiger Liebe überführte er, ohne Ansehen der
Person, viele wegen ihres ausschweifenden Lebens, unwürdigen Verhaltens und wegen
der Bedrückung der Aleuten. Diese unerschrockenen Überführungen weckten viel
Bosheit gegen ihn, und bereitete ihm alle nur möglichen Unannehmlichkeiten und
sogar Kummer. Aber der Herr behütete den Starzen. Unter anderem wurde er
angeklagt die Aleuten gegen die Kolonialherren aufzuwiegeln, sich persönlich zu
bereichern und ein unzüchtiges Leben zu führen. Alle Beschuldigungen stellten sich als
unbegründete Nachreden heraus. Als man einmal zur Hausdurchsuchung zum hl.
Herman auf die Insel kam, und auf der Suche nach verborgenen Schätzen alles
13. Dezember – Der hl. Herman von Alaska
erfolglos durchsucht hatte, fing einer der Helfer, wahrscheinlich mit Zustimmung des
Ältesten an, mit einer Axt die Fußbodenbretter der Hütte des hl. Herman aufzuhacken.
“Mein Freund, sagte ihm da der hl. Herman, umsonnst hast du die Axt aufgehoben.
Diese Waffe wird dir das Leben nehmen!” Einige Zeit später wurden Leute im
nikolajewskischen Redukt gebraucht, wozu aus Kadiak russ. Arbeiter dort hingeschickt
wurden, unter ihnen auch jener oben erwähnte Helfer. Diesem wurde dort im Schlaf,
von einem Kenaizen, mit der Axt, der Kopf angehackt.
Viele Betrübungen mußte der hl. Herman auch von den Dämonen erdulden, die ihn in
menschlicher Gestalt besuchten und ihm viel Leid antaten, so daß er später mit
niemandem mehr sprach, der zu ihm kam, wenn er nicht vorher die Gebetsformel:
“Durch die Gebete unserer hll. Väter, Herr Jesus Christus, Sohn Gottes erbarme Dich
Während sich der hl. Herman vollkommen dem Dienst Gottes widmete und allein für
die Verherrlichung Seines Allerheiligsten Namens eiferte, fern von der Heimat,
inmitten zahlloser Sorgen und Entbehrungen, Jahrzehnte in der hohen Askese der
Selbstentsagung beharrend, wurde er von Gott vieler übernatürlicher Gnadengaben
Die Mündung des Baches, der auf Jelewoj entspringt und ins Meer fließt, wird
immer von der Brandung umspühlt. Im Frühjahr, wenn die Flußfische kamen, scharrte
der hl. Starez etwas den Sand von der Mündung weg, damit die Fische leichter
durchkamen, und unmittelbar darauf strebte schon der erste Fisch in den Bach.
Mit getrocknetem Fisch fütterte er die Vögel, die in großen Mengen um seine Zelle
herum waren. Unter dieser lebten Hermeline. Diese Tiere sind, besonders wenn sie
gerade Junge haben, für den Menschen ganz unnahbar. Der Starez aber fütterte sie aus
der Hand! Man sah auch wie der hl. Herman Bären fütterte. Nach dem Tod des Starzen
verschwanden die Vögel und die anderen Tiere. Sogar der Garten gibt nichts mehr her
seitdem er aus Eigenwillen bestellt wird. Dabei bearbeitete der hl. Herman, nach der
Erinnerung des Aleuten Konstantin Larinow, aus dem Jahre 1867, seinen Garten ohne
die Erde umzugraben. Um Kartoffeln oder Knoblauch zu setzen, machte er einfach
einen Erdhaufen und setzte die Kartoffel dann in das oben hineingedrückte Loch.
Knoblauch säte er in Furchen. Einmal wurde die Insel von Hochwasser bedroht. Die
Bewohner eilten eschreckt zum Starzen. Da nahm er aus dem Haus seiner Helfer die
Ikone der Gottesmutter, trug sie heraus und stellte sie auf die Kreidefelsen und betete.
Im Anschluß an das Gebet wandte er sich an die Anwesenden und sagte: “Habt keine
Furcht, weiter als bis zu diesem Ort, wo die heilige Ikone steht, kommt das Wasser
nicht.” Und das Wort des Starzen erfüllte sich. Ein anderes mal brannte auf Jelewoj der
Wald. Zu dieser Zeit hielten sich der Starez und sein Schüler Ignatj im Waldesdickicht
auf. Einen etwa dreiviertel Meter breiten Streifen Moos riß er bis zur Sohle des Hügels
hin auf und sagte dazu: “Seidberuhigt, das Feuer wird diese Markierung nicht
überschreiten!” Als, nach dem Zeugnis von Ignatij am nächsten Tag bereits keine
Hoffnung auf Rettung mehr war, und das Feuer unter starkem Andrang bis zu der
vom Starzen ins Moos geritzten Markierung kam, eilte es an dieser entlang und blieb
stehen, ohne den dichten Wald auf der anderen Seite der Markierung zu berühren.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts brauchte ein Brief aus Zentralrußland nach Alaska ein
Jahr. Der hl. Herman sagte den Aleuten in Kadiak, ein Jahr vor Erreichen der Nachricht,
13. Dezember – Der hl. Herman von Alaska
vom Tod des Hochgeweihten Metropoliten (welcher ist nicht überliefert), daß ihr
großer geistlicher Führer gestorben ist.
Über die Zeit nach seinem Tod sprach der hl. Herman zu seinen Schülern: “Wenn auch
viel Zeit vergehen wird, nach meinem Tod, wird man mich trotzdem nicht vergessen,
und der Ort meines Aufenthaltes hier wird nicht leer bleiben. Ein Mönch, so wie ich, der
den Ruhm der Menschen flieht, wird kommen und auf Jelewoj wohnen. Jelewoj wird
nicht ohne Menschen sein. Tatsächlich zog im Jahre 1935, der im Kloster des hl. Tichon
von Kaluga zum Mönch geweihte Archimandrit Gerassim Schmaltz auf Jelewoj, das seit
seinem Verkauf an die Vereinigten Staaten Spruce-island genannt wird, und weihte sein
Leben dem Gedächtnis des hl. Herman indem er eine Bruderschaft des hl. Herman
gründete. Oft sagte der Starez vorraus, daß Amerika orthodoxe Bischöfe bekommen
wird, zu einem Zeitpunkt, als niemand daran auch nur dachte.
Die letzten Jahre seines Lebens was der hl. Herman erblindet. Er lebte mehr
zurückgezogen in seiner kleinen Zelle und empfing niemanden mehr. Kurz vor seinem
Tod sagte er zu seinem Schüler Gerasim: “Geh` ruf die Mädchen.” Zu Sophia sagte er
dann, daß sie auf Jelewoj wohnen bleiben soll und wenn sie stirbt zu seinen Füßen
beigesetzt werden soll. Er bestimmte für einige der Anderen, daß sie heiraten sollten
und trug auch Gerassim auf zu heiraten und auf Jelewoj wohnen zu bleiben. Ihm gab er
seine Bücher in Gewahrsam und sagte: “Wenn ich sterbe schlachtet den Bullen, denn er
hat seine Arbeit für mich erfüllt.” Damals, als die Dorfbewohner auf Jelewoj
gekommen waren, hatten sie dem Starzen ein junges Kalb zu Geschenk mit gebracht.
Der Starez hatte es aufgezogen und gefüttert. Als der alte Mann dann tatsächlich starb,
zögerte man den Bullen zu schlachten; aber schon am folgenden Tag fing das Tier an
irre zu werden, und raste schließlich Kopf vorraus gegen einen Baum und verendete.
“Wenn ich sterbe, sagte der Starez, beerdigt mich neben Vater Joasaf. Beerdigt ihr
mich, wartet nicht auf den Priester! Wascht meinen Leib nicht, sondern legt ihn einfach
auf das Brett, und legt die Hände auf der Brust zusammen. Wickelt mich in meine
Mantia und mit ihren Ecken deckt mein Gesicht zu und mit dem Klobuk bedeckt
meinen Kopf. Wenn jemand von mir Abschied nehmen möchte, soll er es tun, indem er
das Kreuz küßt; mein Gesicht zeigt niemandem. “
Als sich dann der Augenblick des Hinscheidens des Starzen näherte, befahl er seinem
Schüler Gerassim, Kerzen vor den hl. Ikonen anzuzünden und die Apostelgeschichte zu
lesen. Nach einiger Zeit erhellte sich plötzlich das Gesicht des Starzen und er rief laut
aus: “Ehre sei Dir, Herr!” Dann befahl er mit dem Lesen aufzuhören, und eröffnete, daß
es dem Herrn gefalle ihm noch für eine Woche das Leben zu verlängern. Nach sieben
Tagen wurden auf seine Anweisung hin erneut die Kerzen angezündet und die
Apostelgeschichte gelesen. Während des Lesens neigte der Starez sanft sein Haupt an
die Brust von Gerassim, -die Zelle erfüllte sich plötzlich mit Wohlgeruch, und das
Gesicht des Starzen leuchtete noch einmal auf-Vater Herman war gegangen! So selig
entschlief er in den Schlaf der Gerechten,im 81. Jahr seines arbeitsreichen Lebens, am
13. Dezember des Jahres 1837*, an welchem Tag auch die Kirche sein feiert.
*Anmerkung: nach einer späteren Auswertung später zugänglich gewordener
Überlieferungen am 13. November des Jahres 1836, dem Todestag des hl. Paisij