12. Oktober – Leben des hl. Martin, Bischof von Tours
Saron (sagenhafter König Galliens, den die Eduer (?) als Gott und Beschützer ehrten.)
Dort wohnten die von den Heiden am höchsten geachtetsten Zauberer - die Druiden (-
der höchste Stand der Zauberer, die seit unerdenklichen Zeiten in Gallien herrschten
und unter den Galliern ungeheuere Achtung und großen Einfluß besaßen) des Saron.
Ohne Furcht betrat der hl. Martin diesen heidnischen Tempel und riß die Statue und
den Altar des Saron nieder. Da stürzte sich die Menge der hierüber ergrimmten,
bewaffneten Heiden auf ihn. Ein besonders Kühner hatte schon über ihm ein Schwert
emporgehoben, aber eine unsichtbare Kraft warf ihn vor die Füße des heiligen Bischofs
und in Angst versetzt begann der freche Heide demütig mit Tränen, den Heiligen um
Vergebung und Erbarmen zu bitten. Angesichts dieses Wunders faßten auch alle
anderen dort anwesenden Heiden den Glauben an Christus und der heidnische
Götzentempel wurde in ein Heiligtum des wahren Gottes verwandelt.
Ein nicht weniger eindrückliches Wunder ereignete sich auf das Gebet des Heiligen hin
im Dorf Lepros (Leprosa, heute Levrous (?), kleine Stadt ca. 250 km südlich von Paris)
von apostolischem Eifer bewegt wollte er hier ebenso einen von den Heiden überaus
verehrten Tempel zerstören. Aber die Bewohner vertrieben ihn. Darauf hin entfernte
er sich an einen dem Dorf am nächsten gelegenen, ungefährdeten Ort und verbrachte
drei Tage und Nächte in Fasten und Gebet, indem er Gott um die Vernichtung des
Götzentempels bat. In Antwort auf sein heißes Gebet erschienen ihm zwei lichte Engel
gleichsam wie bewaffnetund erklärten ihm, daß sie ihm von Gott zur Hilfe gegen die
Heiden gesandt seien. Dieses hörend eilte Martin unverzüglich zurück in das Dorf und
verwandelte durch die Gnade Christi in wunderbarer Weise die Altäre und Idole zu
Staub vor Augen des Volkes, das durch eine unsichtbare Göttliche Kraft gebunden war.
Ein solches Wunder und die wunderbare Zerstörung des Tempels sehend erkannte die
Bewohner dieses Dorfes die Nichtigkeit der Götzen und bekehrten sich zu Christus.
Einmal zog der hl. Martin mit einigen seiner Schüler auf dem Weg zur Stadt Karnot
(jetzt Chartres, eine Stadt 84 Werst im Südwesten von Paris) vorbei an einem
vielbevölkerten Dorf. Um ihnen zu begegnen, kam eine gewaltige Volksmenge heraus,
die ganz aus Heiden bestand, denn niemand in dieser Gegend kannte Christus und
hatte die Wahrheiten des christlichen Glaubens gehört. So groß war der Ruhm dieses
heiligen Mannes, daß er eine (solche ) Menge selbst heidnischen Volkes anzog, die auf
eine weite Ausdehnung den Boden bedeckte. -
- e. Martin sah, daß es angemessen war zu handeln und diese Gelegenheit zur
Bekehrung von Ungläubigen zu Christus zu nützen. Und siehe, nach einer Eingebung
des Heiligen Geiste begann er laut seine flammende Predigt, indem er das Wort Gottes
den Heiden verkündete und oft aus der Tiefe der Seele seufzte, daß eine solche Menge
Volkes nicht den Herrn, den Retter kannte.
12. Oktober – Leben des hl. Martin, Bischof von Tours
In jener Zeit brachte ein Frau, deren Sohn kurz zuvor gestorben war, dessen atemlosen
(nicht-atmenden) Körper und nachdem sie ihn zu Füßen des hl. Bischofs gelegt hatte,
streckte sie zu ihm die Hände aus und sprach:
„Wir wissen, daß du ein Freund Gottes bist. bringe mir meinen Sohn wieder zurück,
denn er ist mein Einziger.“
Die Volksmenge versammelte sich um die unglückliche Mutter und bestärkte schreiend
Der hl. Martin nahm den Leib des Verstorbenen in seine Hände. beugte die Knie
zusammen mit allem Volk und nachdem er ein Gebet vollzogen hatte, stand er auf und
gab das Kind der Mutter bereits lebend zurück. Bei diesem Anblick begannen alle,
einmütig Christus als Gott zu bekennen und sich zu den Füßen des Heiligen
.niederwerfend baten sie, daß er sie zu Christen mache. Der hl. Bischof säumte nicht
und indem er die Hand auf sie legte, verkündete er ihnen gleich an diesem Orte das
Wort der Wahrheit. Die Nachricht von diesem Wunder ging schnell durch das ganze
Land (In Andenken an dieses Wunder wurde in Chartres später eine Kirche zu Ehren
des „Hl. Martin, der Leben gibt“ errichtet) Mit solchem Erfolg verbreitete der hl. Martin
das Licht des Evangeliums auch in anderen Gebieten Galliens
Einmal lud ein gewisser Weltlicher (Laie) mit dem Namen Evanthij, der an einer
grausamen Krankheit litt und schon dem Tod nahe war, Martin zu sich ein. der Heilige
begab sich unverzüglich zu ihm. Aber er war noch nicht den halben Weg gegangen, als
der Kranke, der die Kraft des Kommenden gespürt hatte und plötzlich die Heilung
empfangen hatte, selbst dem hl. Martin und den ihn begleitenden Schülern
entgegenging. Am andeen Tag machte Martin sich auf den entgegengesetzten Weg,
blieb aber aufgrund der verstärkten Bitte des Geheilten. Inzwischen wurde ein Kind aus
der Familie des Evanthij von einer Schlange tödlich gebissen. Letzterer trug das
sterbende Kind auf seinen Schultern zu den Füßen des heiligen Mannes, glaubend an
seine große wunderwirkende Kraft und davon überzeugt, daß für ihn nichts unmöglich
Das Schlangengift hatte sich bereits in alle Glieder des Kindes verteilt, seine Adern
traten hervor und waren geschwollen wie ein Schlauch. Martin streckte die Hand aus,
führte sie über alle Glieder des Kindes und preßte einen Finger neben die Wunde selbst,
die durch den tödlichen Biß der Schlange verursacht worden war. Und dann sahen alle
Anwesenden mit Erstaunen wie das Gift begann, aus dem ganzen Körper hin zum
Finger Martins zu strömen und zusammen mit Blut aus der offenen Wunde
auszutretenDanach stand das Kind vollkommen gesund auf und alle Zeugen des
Wunders priesen Gott, Den in Seinen Heiligen Wunderbaren.
Ein nicht weniger erstaunliches Wunder vollbrachte der hl. Martin in der Stadt Karpota
(?) an einem stummen Mädchen. Ein zwölfjähriges von Geburt an stummes Mädchen
wurde zu Martin hingebrachtSein Vater flehte darum, daß der Heilige durch sein
Gebet ihre Zunge löse. Der Heilige stellte dieses den ihm weilenden Bischöfen Valentin
und Victricius anheim, indem er versicherte, daß dieses nicht seinen Kräften entspreche
und, daß für sie als in den Tugenden vollkommenere alles möglich sei. Diese aber
schlossen sich den Bitten des unglücklichen Vaters an und überredeten Martin das von
ihm erwartete zu tun. Da befahl Martin dem umherstehenden Volk, sich zu entfernen
12. Oktober – Leben des hl. Martin, Bischof von Tours
und nur in Beisein der Bischöfe und des Vaters, beugte sich mit einem inständigen (?)
Gebet, dann segnete er ein wenig Öl und goß es in den Mund des Kindes während er
ihre Zunge mit seinen Fingern hielt. Und ein staunenswertes Wunder rechtfertigte den
Glauben des Heiligen. als der hl. Bischof das Mädchen nach dem Namen ihres Vaters
fragte, antwortete sie ihm vernehmlich, - und der Vater, der die Knie des hl. Bischofs
umfaßt hatte, rief mit Freude und Tränen und bezeugte, vor allen Versammelten daß
diesdas erste Wort …
Einmal begegnete Martin, der von einer Menge Volks begleitet wurde, auf dem Weg
nach Paris einem jammervoll aussehenden Aussätzigen, vor dem alle ekelte. Aber der
Heilige, der sich seiner erbarmte, küßte und segnete ihn, und siehe da: der Leidende
wurde plötzlich rein vom aussatz und kam am nächsten Tag in die Kirche, um Dank für
seine Heilung darzubringen
Pavlin (Pavlin war zu jener Zeit noch ein Heide. In der Folge nahm er die hl. Taufe an
und war Bischof von Nolanski (?); ( + i. J. 431.) Bekannt wurde er mit dem Namen „der
Barmherzige“ und er wurde von der Kirche der Schar der Heiligen beigezählt. Sein
Gedächtnis wurde am 32. Januar vollzogen.) , ein wohlangesehener staatlicher Beamter
(Würdenträger) , der in der Folge durch sein heiliges Leben verherrlicht wurde, begann
grausam an einer Augenkrankheitzu leiden, und schon bedeckte finstres Dunkel seine
Pupillen: aber der hl. Martin berührte sein Auge mit einem kleinen Lappen und die
Krankheit verschwand sogleich.
Die asketischen Werke der Barmherzigkeit und der christlichen Liebe zu den
Unglücklichen und Armen waren beim hl. Matin unzählbar und dafür erwarb er auch
dien Beinamen „der Barmherzige“. Einmal begegnete er in den Wintermonaten auf
dem Weg zur Kirche einen halbnackten Armen, der anhub, für sich um Kleider von
ihm zu bitten. der Heilige rief einen Erzdiakon und befahl ihm, den Frierenden zu
bekleiden: dann ging er in die Sakristei (?) und saß dort wie gewöhnlich allein: aber da
der Diakon dem Armen keine Kleider gab, drang dieser [Arme] zu dem seligen Mann
und begann gegen den Klerus und gegen die Kälte zu klagen. Der Heilige, der
heimlich die eigene unter den äußeren Kleidern getragene Tunika ausgezogen hatte,
befahl dem Armen, diese anzuzihen und hinauszugehen. Nachdem einige Zeit
verstrichen war kam der Diakon herein und berichtete dem heiligen Bischof, daß es
Zeit sei, den festlichen Gottesdienst zu vollziehen, denn dag Volk wartete in der Kirche.
Hierauf antwortete der Heilige:
„Erst gebührt es , den Bettler zu kleiden. Ich kann nicht in die Kirche gehen, solange der
Bettler nicht Kleidung erhält.“
Der Diakon verstand nicht, weil er nicht bemerkte, daß der Heilige innen (= unter den
Oberkleidern) nackt war, begann sich dadurch zu entschuldigen, daß er den Bettler
nicht gefunden habe. Doch Martin wiederholte beharrlich:
„Die Keidung, die vorbereitet wurde, soll zu mir gebracht werden: Der Bettler wird
nicht unbekleidet bleiben.“
Durch die Unumgänglichkeit genötigt, holte der Kleriker aufgebracht von
benachbarten Läden für fünf Moneten (Pfennige ?) ein kurzes, grobes Kleid und legte
es mit Zorn Martin zu Füßen und sagte:
„Hier ist das Kleid, Bettler aber ist keiner da.“
Ruhig befahl ihm der Heilige, ein wenig hinter der Tür zu stehen, und - nachdem er
12. Oktober – Leben des hl. Martin, Bischof von Tours
heimlich dieses Gewand angelegt hatte - ging er in die Kirche hinaus zum Vollzug der
Liturgie. Und der Herr säumte nicht, Martin für dieses heimliche Werk der christlichen
Wohltätigkeit zu belohnen. An diesem Tag, als er den Opfertisch segnete, zeigte sich
während des Gottesdienstes eine von seinem Haupt her strahlende Feuerkugel, so daß
eine Flamme, die nach oben ging, einen langen Strahl hervorbrachte. Diese herrliche
Erscheinung sahen an diesem Tag bei Anwesenheit einer großen Volksmenge nur
wenige Auserwählte, nämlich: ein frommer Schüler des hl. Martin mit Namen Gallus,
eine der Jungfrauen, einer der Priester und drei der Mönche.
Die Sanftmut, die Martin auszeichnete, zwang selbst Heiden, ihn zu lieben. Er hatte
überhaupt kaum irgendwelche Feinde, und wenn es welche gab, so haßten sie ihn
wegen Tugenden, die sie selbst nicht besaßen und nicht nachahmen konnten. Dabei
verurteilte Martin niemanden, niemandem gab er Böses mit Bösem zurück. Bei allen
Beleidigungen war er so geduldig, daß er manchmal ungestraft von niederen
Angehörigen seiner Geistlichkeit beleidigt wurde: er enthob sie niemals für die ihm
zugefügte Trübsal [ihres Amtes] und - soweit es von ihm abhing -beraubte er sie nicht
seiner Liebe. Niemand sah ihn jemals zornig,aufgebracht oder lachend. Er war immer
ein und derselbe und hatte in seiner Miene etwas von der Art himmlischer Freude.
Niemals war auf seinen Lippen etwas anderes außer dem Namen Christi. Niemals war
in seinem Herzen etwas andres außer Frömmigkeit Frieden und Mitleid Oft weinte er
über die Sünden selbst derjenigen seiner Schmäher, die ihn (bei ihm oder in seiner
Abwesenheit) mit Schlangenlippen und Giftzungen angriffen.
Welcher Art die Geduld und Sanftmut des hl. Martin in Hinsicht auf seine Beleidiger
war, zeigt deutlich folgendes Beispiel. Unter der Geistlichkeit im Kloster war ein junger
Mensch namens Brikzi (?), der aus niedrigster Herkunft stammte, aber den Martin
aufgenommen, erzogen und später in den Diakonsstand erhoben hatte. Angestachelt
von üblen Geistern begann Brikzius seinen arglosen Lehrer von Angesicht zu
Angesicht schrecklich zu beschimpfen. Der hl. Mann versuchte, ihn mit sanften
Ermahnungen zurechtzuweisen; aber das wirkte nicht auf den Narr, und fuhr fort,
noch größere Schmähungen auszustoßen und floh dann. Auf dem Weg traf er einen
Kranken, der ihn fragte, wo er den hl. Martin fände. Brikzius nannte den hl. Bischof
einen alten Betrüger und gebrauchte noch andere schändliche Ausdrücke.
Als Martin ein wenig später nach der Heilung dieses Kranken Brikzius traf, frug er ihn
„Warum nanntest du mich einen Betrüger?“
„Ich nannte dich niemals so“ antwortete der Diakon.
„War etwa mein Ohr nicht an deinen Lippen auch als du hinter meinem Rücken
redetest? – bemerkte der heilige Bischof- Du wirst ebenfalls, wenn ich sterbe, Bischof
werden und du wirst viel zu leiden haben.“
Danach traten bei Brikzius Anfälle von Raserei auf, und einmal, als Martin auf einer
Bank vor seiner Zelle saß, stürzte Brikcius auf ihn mit wütendem Schimpfen,
währendessen ihm auf benachbarten Felsen zwei Dämonen erschienen, die ihn zur
„Ich bin heiliger als du, sprach der Diakon,- ich wurde in einem Kloster erzogen, du
aber warst ehemals ein Soldat.“
Die Brüder forerten, daß Brikzius einer beispielhaften Strafe unterzogen würde und