5. Juni – Der geistliche Märtyrer Bonifacius, der Apostel der Deutschen
Im Jahre 737 befand sich Bonifacius wieder in Rom. Der Überlieferung nach wollte er
auf Grund seines fortgeschrittenen Alters, seiner abnehmenden Kräfte, und des sich
mehrenden Widerstandes gegen seine Arbeit um den Rücktritt bitten. Papst Gregor III.
untersagte ihm strickt solche Gedanken und stattete ihn stattdessen mit größeren
Vollmachten aus, die Bonifacius Stellung über anderen Bischöfen noch untersteichen
sollte. Er wurde zum päpstlichen Legaten ernannt, wodurch er überall als besonderer
Bevollmächtigter des Bischofs von Rom behandelt werden mußte. Außerdem durfte er
sich seinen Nachfolger bereits jetzt selbst bestellen, was allerdings unter dem folgenden
römischen Bischof wieder rückgängig gemacht wurde. Mit einer Anzahl neuer
Mitarbeiter, welche er sich während seines fast einjährigen Romaufenthaltes dank
seiner Popularität dazuerworben hatte, kehrte Bonifacius im Mai des Jahre 737 zu
seinem Aufgabenfeld nördlich der Alpen zurück. Zunächst bemühte er sich um die
Bekehrung der Sachsen, welche durch einen neuen Feldzug Karl Martells
zurückgedrängt worden waren. Da aber die Siege Karl Martells über die Sachsen die
eigentlichen Kernländer Sachsens unberührt gelassen hatten, blieb die Mission Sachsens
trotz einer großen Zahl von Neugetauften undurchführbar, so daß Bonifacius sich auch
später nicht mehr darum bemühte. Stattdessen begab er sich wieder nach Baiern zu
Herzog Odilo, der mit Hilfe der Ordnung der Kirchenorganisation und der daran sich
anschließenden Erschließung des Landes durch neugegründete Klöster die Entwicklung
seines Landes vorantreiben wollte. Bonifacius grenzte in Baiern die vier Bistümer
Salzburg, Regensburg, Freising und Passau genau von einander ab und besetzte sie mit
Bischöfen seiner Wahl. Im Jahre 741 stiftete er das Kloster Niederalteich bei Passau,
Benediktbeuren, und Mondsee im heutigen Östereich, so daß insgesammt29 Klöster
im baierisch-östereichischen Raum auf seine Initiative zurückgehen. Durch das Beispiel
der Mönche erlernte auch die ansässige Bevölkerung allmählich sich selbst durch
regelmäßige eigene Arbeit sein Brot zu verdienen. Im Sommer 741 kehrte Bonifacius in
seine Stammländer zurück und gründete die Bistümer Erfurt für Thüringen, Buraburg
für Hessen, welches später nach Paderborn verlegt wurde, und Eichstätt, für den
sogenannten Nordgau. Im Jahre 746 gründete er durch seinen Schüler Sturminus auf
einem ihm von Karlmann geschenkten Waldgrundstück, die Abtei Fulda, welche er
direkt dem Bischof von Rom unterstellte. Sturminus, der auch in Monte Cassino die
Klosterregel der Benedictiner kennen gelernt hatte, wurde der erste Abt von Fulda.
Als im Jahre 741 der Hausmeier Karl Martell starb und sein Reich kampflos an seine
beiden Söhne Pippin und Karlmann weitergeben konnte, änderten sich die Verhältnisse
zu Bonifacius Gunsten. Um die staatsrechtliche Position der neuen Hausmeier
abzusichern, mußten sie sich enger an die Kirche, als der einzigen Autorität neben der
weltlichen Herrschaft, halten, da die Gegner der, das Königtum anstrebenden
Hausmeier nun dieselben waren wie die, welche die dringend notwendigen kirchlichen
Reformen von Bonifacius behinderten, nämlich die Nutznießer der verpfändeten
Kirchengüter. So fanden sich Pippin, Karlmann und Bonifacius in ihren Zielsetzungen
vereint. Dennoch gelang deren Durchsetzung nur mit der Zeit. Im Jahre 741/42 erhielt
Bonifacius von Karlmann die Unterstützung für den kanonischen Ausbau der
Missionskirche, und beauftragte ihn mit der Einberufung einer Synode um die
austrasische Landeskirche neu zu ordnen. Bonifacius hatte sich hierfür die
Rückenstärkung durch den neuen römischen Bischof Zacharias, dem letzten Griechen
5. Juni – Der geistliche Märtyrer Bonifacius, der Apostel der Deutschen
auf dem römischen Bischofsstuhl erbeten, indem er ihm einen Bericht über den Zustand
der fränkischen Landeskirche durch den Priester Denehard überbringen lies. Darin
schreibt er, daß die fränkische Kirche bereits seit über achzig Jahren keine Synode
abgehalten habe, das jetzt ein großer Teil der Bischofssitze Laien überlassen seien, die
nach Besitz trachteten, oder unwürdigen Geistlichen, welche der Unzucht und dem
Wucher fröhnten, oder als Trunkenbolde, und streitsüchtig, sich der Jagd und des
Kriegsschwerts erfreuen und mit eigenen Händen Menschenblut vergossen haben.
Bischof Zacharias versicherte Bonifacius seiner Unterstützung, erlaubte ihm aber nur
einen Helfer und keinen Nachfolger zu bestellen, und das er, Bonifacius, bis zu seinem
Lebensende auf seinem Posten auszuharren habe. 743 wurde das fränkische Konzil an
einem unbekannten Ort eröffnet. Diejenigen, die von der Notwendigkeit einer Reform
überzeugt waren erschienen zum Konzil, waährend diejenigen welche den Verlust
ihrer bisherigen Machtstellung befürchteten fern blieben. So wurden die Beschlüsse des
Konzils, welches den Namen Concilium Germanicum erhielt mit großer Einmütigkeit
getroffen. Neben den Bischöfen waren auch weltliche Große am Konzil beteiligt, die
sogenannten Optimaten, welche die Durchsetzung der Beschlüsse an denen sie auch
selbst mitarbeiteten garantierten. An erster Stelle stand die Rückführung der durch Karl
Martell enteigneten Kirchengüter in die Hände der Kirche, als zweites die
Amtsenthebung unehrenhaft lebender Priester und Bischöfe. Außerdem wurde die
Benediktinerregel für alle austrasischen Klöster verbindlich gemacht, und es wurde
beschlossen jährlich ein Konzil einzuberufen. Die Konzilsbeschlüsse wurden von
Karlmann dem "Dux et princeps Francorum", als sogenannte "Kapitulare" verkündet
und erlangten so staatliche Gesetzeskraft. Bonifacius besetzte nun die von ihm
gegründeten neuen Bistümer mit Bischöfen seiner Wahl, der Mehrzahl nach Landsleute,
und erhielt auch materielle Unterstützung durch Karlmann von welchen die von
Würzburg am bekanntesten wurden. Danneben bemühte sich Bonifacius weiter um
neue Klostergründungen, besonders dachte er zu dieser Zeit an ein Kloster im
Mittelpunkt seiner ersten Missionsländer, das spätere Kloster Fulda, die aber wegen des
Widerstandes der anliegenden Grundherren noch nicht sogleich durchgeführt werden
konnte. 744 fanden unter dem Einfluß von Bonifacius als päpstlichem Legaten nicht nur
in Austrasien seinem ursprünglichen Wirkungsbereich, sondern auch im
Herrschaftsgebiet Pippins in Neustrien, dem heutigen Frankreich weitere Synoden
statt. Auf diesen Synoden wurden die Beschlüsse der vorjährigen Synode bestätigt, ihre
Durchsetzung, besonders die Rückführung von Kirchengütern allerdings auf
friedlichere Zeiten verschoben. Im Jahrre 744 erfolgte auch die Gründung des Kosters
Fulda, welches sich Bonifacius als ein musterkloster vorstellte, und direkt dem Bischof
von Rom unterstellte, welches dieser auch annahm. Nach langem Suchen war der
Schüler von Bonifacius, Sturmin, an eine Stelle gelangt, welche mitten zwischen den vier
Völkern lag welchen Bonifacius die frohe Botschaft verkündet hatte, und von seiner
natürlichen Beschaffenheit für die Gründung eines Klosters geeignet war, dort, wo des
Tal der Fulda sich zu einer Ebene öffnet und von einer ausgedehnten Hügelkette
umgeben ist. Bonifacius bat auf den begeisterten Bericht Sturmins Karlmann um seine
Unterstützung beim Erwerb dieses Ortes, und bat ihn ihm diesen Ort welcher auf
königlichem Gebiet lag zu schenken. Karlmann stimmte dem Wunsch Bonifacius bei
und schenkte ihm urkundlich allen Besitz um den Ort Eichenloh an der Fulda im
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Umkreis von vier Meilen, um dort ein Kloster gründen zu können. Am 12. März des
Jahres 744 erfolgte die Gründung des Klosters durch Sturmin in Begleitung von sieben
Mönchen. Bonifacius selbst beobachtete den Fortgang der Errichtung des Klosters vom
nahen Bischofsberg, dem heutigen frauenberg aus, wo er sich eine Zelle für geistliche
Lesung und Gebet hatte errichten lassen. Im Jahre 745 wurde vor einem gemeinsamen
Feldzug der beiden Hausmeier Pippin und Karlmann gegen Aquitanien ein
gesammtfrönkische Konzil abgehalten. Dabei wurde der Anführer der Gegner von
Bonifacius, der Mainzer Bischof Gewilib einstimmig abgesetzt, der bei einem Feldzug
Karl Martells gegen die Sachsen den Soldatentod seines Vaters mit eigener Hand
gerächt hatte. Außerdem wurde Bonifacius das Erzbistum Köln versprochen, das er
allerdings wegen des Einflüsses der Opposition nicht antreten konnte. Schließlich blieb
Köln Bistum und wurde mit dem fränkischen Bischof Agilolf, einem Anhänger der
Reform, besetzt. Im Jahre 746, als Karlmann in ein Kloster sich zurückzieht, wurde
keine Synode einberufen. Im Jahre 751 wurde Bonifacius von Papst Zacharias und dem
neuen fränkischen König Pippin, welcher sich von Bonifacius hatte krönen lassen, das
Erzbistum Mainz übertragen, das von nun an als Metropolitensitz galt und welchem die
Bistümer Köln, Togern, Utrecht, Augsburg, Chur, Konstanz, Straßburg, Speier und
Worms untergeordnet waren und welches der kirchliche Mittelpunkt der Mission
Gemaniens wurde. Zunächst hatte er daran gedacht darauf zu verzichten, da ihm
bereits früher vom Papst das viel ältere Köln zugesprochen worden war. Aber im Jahre
748 bestätigte der Papst die Verfügung Pippins von der Synode des Jahres 745 und
Bonifacius mußte sich der Verfügung beugen. Bonifacius war nun sogenannter Primas
von ganz Deutschland. Durch die Festigung der Christianisierung Deutschlands mit der
Hilfe, durch Tugend und Bildung ausgezeichneter Männer und Frauen, vollbrachte
Bonifacius ein Werk, welches vor und nach ihm kein anderer Bischof in Deutschland
getan hat. Bonifacius reutete tausende von Abgöttern aus und bekehrte Heiden und
- ie an einem Gemisch von Christentum und Heidentum hingen, zum wahren Glauben
und bemühte sich mit Hilfe der von ihm gegründeten Klöster die rauhen Sitten der
verschiedenen germanischen Völker zu sänftigen. Auf von Bonifacius angeregten
Synoden in Austrasien bemühte er sich um die Erneuerung des geistlichen Standes im
untadeligen christlichen Lebenswandel und um die Überführung der Verwaltung von
Kirchengütern aus den Händen von Laien an die Kirche und um die Hebung des
Ansehens der römischen Kirche, welche von den Franken, als den ehemaligen Siegern
über die Römer verachtet wurde. Diese Reformen gingen nur langsam vorran, was
Bonifacius Kummer bereitete. Als er für die Bischöfe von Rheims, Rouen und Sens mit
Erfolg sich beim Bischof von Rom um die Pallien bemüht hatte, schlugen diese die
Annahme derselben aus, und der Papst machte dafur Bonifacius verantwortlich.
5. Juni – Der geistliche Märtyrer Bonifacius, der Apostel der Deutschen
So sehr Bonifacius im Alter von Seiten seiner Amtsbrüder widerstanden wurde, so
wenig minderte dies seinen Eifer für die Verbreitung des Wortes Gottes unter den
Heiden. Mit etwa 75 Jahren trat er seinen Bischofssitz an seinen Nachfolger Lullus ab,
und nachdem er von Papst Stefan die Bestätigung dafür erhalten hatte, reiste er noch
einmal in jugendlicher Begeisterung für die Rettung der Seelen zu seinem einstigen
Ausgangspunkt der Mission in Germanien nach Friesland, wo das Missionswerk seit
Willibrords Tod ins Stecken geraten war. Seinen Gehilfern Eoban setzt er zum neuen
Bischof von Utrecht ein, wo er auch den Winter 753/54 verbrachte. Der Friese Luidger,
der spätere Bischof von Münster erzählte noch später begeistert von seiner Begegnung
mit Bonifacius im Kloster zu Utrecht, daß Bonifacius Haar silberweiß und sein Leib
abgezehrt und vom Alter gebeugt gewesen sei.
Als der Frühling gekommen war, brachen Bonifacius und seine Begleiter erneut nach
Norden auf, um in den äußersten Randgebieten Frieslands zu predigen und zu taufen.
Er wandelte heidnische Opferstätten in christliche Kirchen um, und bekehrte eine große
Anzahl von Männern, Frauen und Kindern. Im ehemaligen Gehöft Dockinga, heute die
Stadt Dockum, am Flüßchen Bordau erwartete er wenige Tage nach Pfingsten, am 5.
Juni des Jahres 755, die Ankunft von Neugetauften, um ihnen die Myronsalbung zu
Die Predigt des hl. Bonifacius war von den nordischen Völkern mit argwohn
aufgenommen worden, und sie planten der Christianisierung des Landes durch die
Ermordung von Bonifacius ein Ende zu machen. Die Nacht zum 5. Juni hatte der greise
Erzbischof in Gebet und Betrachtung verbracht, umn sich auf die bevorstehende
Müronspendung vorzubereiten. Da drang ihm plötzlich statt der erwarteten Hymnen
und Loblieder wildes Geschrei entgegen, und statt der Neugetauften sah er eine Rotte
blutgieriger Feinde sich nahen, welche aus dem heidnischen Teil Frieslands kamen, und
teils aus Haß gegen das Christentum, teils aus Hoffnung reiche Beute zu machen, auf
den Lagerplatz der Missionare eindrangen. Bonifacius untersagte seinen Begleitern
jeden Widerstand und ermunterte sie dem Martyrium nicht zu entfliehen. Dann wurde
er zusammen mit seinen 52 Begleitern, von den Ungläubigen, mit dem Schwert
erschlagen. Dienächsten Leidengefährten des hl. Bonifacius waren Bischof Coban, die
Priester Wintrun, Walter, Adalariua, die Diakone Hamundus, Scirbaldus und Sosa, die
vier Mönche Waccarus, Gundecarus, Elleherus und Hathevulfus, die Diener
Hiltebrandus, ein Bruder des Diakon Hamunt und 40 Laien.
Nach der Niedermetzelung drang die Rotte in die Zelte und nahm, was sie an
Kleidungsstücken, Büchern, Reliquien und sonstigen Sachen vorfand, mit sich fort.
Dann gingen die Räuber auf die Schiffe, in welchen Wein und Nahrungsmittel
aufbewahrt waren, plünderten auch diese und berauschten sich an dem vorgefundenen
Wein. In den mit Büchern bepackten Kisten aber glaubten sie reiche Schätze zu finden
und nun entspann sich über die Verteilung der Beute ein Streit, in dessen Folge, die von
Mord und Wein Erhitzten, mit den noch vom Blut der Friedensboten rauchenden
Waffen, gegeneinander losgingen und ein großer Teil der Rotte getötet wurde.
Nachdem sich die Überlebenden über die Verteilung der Beute geeinigt hatten, aber in
den Kisten, in denen sie noch immer materielle Reichtümer glaubten, nur Bücher
entdeckten, gerieten sie vor Wut außer sich und warfen die Bücher teils auf dem Felde
hin, teils suchten sie dieselben im Schilf, in den Sümpfen und in Gräben zu verbergen.