10. Dezember – Das Leben des Heiligen Bischofs Joasaph von Bjelgorod
vor den Tataren beschützten. Später wurde diese Ukraine (dt. an der Grenze“) von
Sloboda (?) von sogenannten Tscherkassen besiedelt, die aus Weißrußland vor der
polnischen Bedrückung geflohen waren. Von der Mitte des 18. Jahrhunderts an ließen
sich dort auch Serben, Wallachen und andere Auswanderer aus den Balkanländern an.
Die kirchliche und staatliche Ordnung, die dort am Ende des 17. Jh. entstand, hatte es
schwer, sich in einem solchen weiten, bewegten und verschiedenartigen Gebiet zu
Die Diözese von Bjelgorod bot bis zur Zeit der Führung durch Bischof Joasaph ein
betrübliches Bild. Es hielten sich grobe Gebräuche. Das Volk versank im Schlamm der
Unwissenheit. Sinnloser Aberglaube, Zauberei und Magie waren verbreitet. Der Klerus
war zum Großteil ungebildet. Die einzige Quelle der Erleuchtung (Bildung) für das
ganze Land war das Kollegium von Charkov, das i. J. 1727 nach dem Vorbild des
Kiewer Akademie von Vladyka Epiphanij (Tichorski), dem Bischof von Bjelgorod und
Obojan, gegründet worden war. Doch die Mittel zum Unterhalt des Kollegiums waren
klein und so brachte es nur eine unbedeutende Zahl an würdigen Kandidaten für das
Priestertum hervor. Die Langsamkeit und Schwierigkeit der Nachrichtenübermittlung
(Kommunikation) beeinträchtigten die nötige Verbindung mit dem Diözesanbischof.
Vladyka Joasaph, der schwacher Gesundheit doch starken Geistes war, überzeugte sich
bald von all diesem. Die Reinheit seiner Seele war verbunden mit dem Bewußtsein
seiner Pflicht. Er wußte, welche Antwort er vor Gott, dem Herrn, für seine ganze
Herde und insbesondere für die Hirten er als Ersthirte geben mußte. Mit Beharrlichkeit
begann er die Schwierigkeiten zu überwinden und in Allem Ordnung herzustellen. Bei
all seiner persönlichen Güte machte er nicht vor strengen Strafen Halt, wenn dieses für
die Einpflanzung(Russ: Vodvorenie) der echten Frömmigkeit in der Diözese
Jedes Jahr, aber manchmal auch mehrere Male im Laufe des Jahres, machte der hl.
Bischof eine Rundreise durch die Diözese, um die würdigen Hirten (Priester) zu
stärken, die Schwachen auf den Weg zu bringen und die Leichtsinnigen und Gefallenen
zurechtzuweisen. Bald nach seiner Ankunft in Bjelgorod bestellte er aus Moskau ein
Buch über die kirchlichen Sakramente (Geheimnisse) und traf Anordnungen über seine
Aneignung durch die Priester. Während seiner Rundreisen prüfte er die Priester über
ihr Wissen. Die Unwissenden schickte der hl. Bischof zur Ausbildung nach Bjelgorod,
die vollkommen Unwissenden und Aussichtslosen entsetzte er ihres Amtes. In seiner
Weisung vom Jahr 1750 spricht der hl. Bischof von den von ihm bemerkten Mißständen
und verweist auf Maßnahmen zu ihrer Beseitigung.
Der hl. Joasaph bemerkte, daß einige Priester die für Notfälle aufzubewahrenden Hl.
Gaben bei sich im Hause aufbewahrten, keine Behälter hatten, um Sie zu den Kranken
zu übertragen und Sie zu den Sterbenden in Taschen und Beuteln trugen.
Einmal blieb er während der Besichtigung (Visitation) der Diözese im Haus eines
Priesters, der verreist war. Nachdem er seinen Zellendiener für die Nacht entlassen
hatte, verspürte der hl. Bischof einen ungewöhnlichen Schrecken. Er konnte auf keine
Weise einschlafen. Als er begann die Gegenstände im Zimmer zu betrachten, fand er
auf einem Regal zwischen häuslichem Geschirr ein Papier, in dem die Heiligen Gaben
lagen. Nachdem er das Heiligtum vor sich gelegt hatte, verbrachte er die ganze Nacht
in heißem Gebet, um die Strafe Gottes von dem unachtsamen Priester abzuwenden. Er
selbst aber hielt es für seine Pflicht, ihn des Priesteramtes zu entheben. Den Priestern
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selbst aber hielt es für seine Pflicht, ihn des Priesteramtes zu entheben. Den Priestern
wurde mit Drohung der Amtsenthebung vorgeschrieben, die Heiligen Gaben auf dem
Altar aufzubewahren, Sie zu den Kranken in Kelchen zu bringen, wobei der Priester in
Gewänder gekleidet sein soll und Kerzen und Glocken vorausgehen sollten. Er verbot
Neuerungen in den Gottesdiensten. Der hl. Bischof sorgte sich darum, daß die Ikonen
in den Kirchen richtig gezeichnet („geschrieben“) seien, denn einige von ihnen könnten
„ein lästerliches Lachen bei den Unwissenden erregen“. Zur Aufbewahrung des
Myrons sandte der hl. Joasaph für alle Gotteshäuser 3000 Glasgefäße mit Kästchen.
Der hl. Bischof erhielt im Schlaf eine Weisung über ein nachlässiges Verhalten zu einer
Ikone der Mutter Gottes, welches in einer Kirche seiner Diözese Statt fand. Er sah das
Bild der Gebieterin, welches sich in einem Haufen Unrat befand, der in eine Ecke der
Vorhalle geworfen worden war. Er hörte eine Stimme: „Sieh, was die Diener dieses
Gotteshauses mit meiner Ikone machten. Diese Bild von Mir ist dazu vorbestimmt, eine
Quelle der Gnade für dieses Dorf und das ganze Land zu sein, aber sie warfen es zum
Unrat.“ Danach besah der hl. Joasaph bei Besuch der Gemeinden genau die Kirchen
sowohl von außen als auch von innen, um das von ihm im Schlaf gesehene Gotteshaus
ausfindig zu machen. Als er in die Stadt Isjum kam und die Himmelfahrtskirche in dem
Vorort Samost besuchte, erkannte er das gesuchte Gotteshaus. Als er in die Vorhalle
kam, sah er in ihr eine große Ikone der Gottesmutter, die gleichsam als Trennwand
diente, hinter die man die Kohle für den Weihrauch streute. Lange und heiß betete der
Vladyka. Mit Unruhe, alles aufnehmend (?) blickte auf ihn die Geistlichkeit. Der hl.
Bischof fiel Tränen vergießendvor der Ikone nieder und sagte laut: „Himmlische
Gebieterin, vergib die Nachlässigkeit (?) Deiner Diener, sie wissen ja nicht, was sie tun!“
Nachdem er dann dem Kirchendiener (Blagotschinij) eine strenge Ermahnung erteilt
hatte, befahl der hl. Bischof, die Ikone unverzüglich an dem ihr gebührenden Platze
aufzustellen und sagte: „In diesem heiligen Bild ist eine besondere Gnade Gottes in
Fülle vorhanden, in ihm zeigt die Allheilige Gebieterin ein besonderes Zeichen ihres
Eintretens (Fürsprache, Schutz) für diesen Ort und das ganze Land.“ Der hl. Joasaph
verbrachte 3 Tage in Isjum und kam an jedem Tag morgens und abends, um vor dieser
Ikone, die Petschanska genannt wird, zu beten.
Bald nach seiner Erhebung auf den Bischofsstuhl (Kathedra) von Bjelgorod
versammelte der hl. Bischof zu sich die Hirten (Priester) der Stadt und des Umlandes. In
der vor ihm stehenden Menge bemerkte er einen gebrechlichen, alten Priester, auf den
sich sein forschender Blick richtete. Nachdem er die sich versammelt habenden mit
seinem Segen entließ, hielt er den Alten Priester zurück. Er erfuhr, daß der Priester
schon 130 Jahre alt war und sagte zu ihm: „Du siehst vor dir den Hirten gleichwie einen
Vater, der vor seinem Sohn steht. Sage mir an, ob nicht dein Gewissen mit irgendeiner
schweren Sünde befleckt ist, die dich fesselt und nicht sterben läßt. Die Länge deiner
Lebenszeit drängt mich, als den Ersthirten, dazu, deine Seele durch die Reue und
Umkehr zu reinigen, dich mit denen, denen du Unrecht tatest, zu versöhnen und die
Sünde selbst durch die mir gegebene Macht zu vergeben und zu lösen, gemäß dem
Wort: „Was ihr auf Erden löset, das wird auch im Himmel gelöst sein.“
Der erstaunte Alte, dersich keinerlei Vergehen bewußt war, und sein hohes Alter für
ein besonderes Erbarmen Gottes hielt, wiederholte nur: „ich weiß es nicht und erinnere
mich nicht.“Aber der aufmerksame Blick des Vladyka, die väterliche Freundlichkeit
(russ.: Laska) und Liebe, die in seinen Augen leuchteten, brachten den Alten zum
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(russ.: Laska) und Liebe, die in seinen Augen leuchteten, brachten den Alten zum
Erbeben. Und plötzlich erwachte in ihm ein längst vergessenes Geschehen, das er auch
dem hl. Bischof kundtat, nachdem er weinend zu seinen Füßen niedergefallen war.
Einmal hatte er, als er Gemeindepriester war, die Göttliche Liturgie vollzogen und
schickte sich an, nach Hause zu gehen. In diesem Moment erschien bei ihm ein Bote des
örtlichen Gutsbesitzers mit dem Anliegen, für ihn die Liturgie ein zweites Mal zu
vollziehen. Das war unmöglich auch deswegen, weil nach den kirchlichen Kanones ein
Priester nicht zweimal am Tag die Hl. Liturgie vollziehen kann, und auch deswegen,
weil das Gotteshaus einaltarig war (nur einen Altar hatte). Der Gutsbesitzer wünschte,
keinen Widerspruch zu hören und ging zu Drohungen über. Der Priester schritt zum
Vollzug der Liturgie auf eben dem selben Altar, auf dem er sie gerade erst beendet
hatte. Plötzlich ertönte eine geheimnisvolle und drohende Stimme: „Läßt du das, was
du tust?“ Er erschauderte, aber die Furcht vor dem Gutsbesitzer erwies sich als stärker
als die Furcht vor Gott. Sich von der Verwirrung aufrichtend rief er aus: „Gesegnet ist
das Reich“ (der Anfang der Göttlichen Liturgie) als er zum zweitenmal eine noch
drohendere Warnung hörte: „Wage nicht da, was du wagst! Du wirst verflucht sein.“ In
einer Regung der Verstandeslosigkeit stieß er aus: „Sei selber verflucht!“ und fuhr fort,
die Liturgie zu vollziehen.
„Du Unglücklicher, was tatest du!“ sagte mit Entsetzen der hl. Bischof. „Du verfluchtest
den Engel Gottes, den Beschützer dieses heiligen Ortes. Durch den Fluch seid ihr beide
bis heute gefesselt. Das ist die Ursache deines so hohen Alters (Einer Vieljährigkeit?).“
Danach befahl der hl. Joasaph eine Feldkirche an eben demselben Platz zu errichten, wo
die frühere Kirche gestanden hatte. In seiner Gegenwart vollzog der Alte dort die
Göttliche Liturgie. Nach Ende der Letzteren rief der heilige Bischof den Alten zu sich
und befahl zu lesen: „Nun entlässest Du Deinen Diener, Gebieter ...“ Dann segnete er
ihn und sagte: „Ich vergebe und löse dich von allen deinen Sünden.“ Vor dem hl.
Bischof auf den Knien stehend, von einem Diakon gestützt, blickte er schweigend mit
Augen voll Tränen auf den gütigen Bischof, nachdem er mit dem Engel, der den hl.
Altar beschützte, und mit seinem Gewissen ausgesöhnt war, und streckte zu ihm seine
vom Alter ausgezehrten Hände.
Sanft und liebevoll sah auf ihn der hl. Joasaph. Sich zu dem vom Verderben geretteten
Priester hinbeugend umarmte er ihn. Das Haupt des Alten legte sich auf die Schulter
des hl. Bischofs und in Frieden mit sich und in Vergebung von Gott hauchte er seinen
letzten Atem aus. Hier am Ort der gewesenen Kirche wurde der entschlafene Greis
vom Vladyka ausgesegnet (russ.: abgesungen) und ebenhier beerdigt.
Viele Mühe verwandte der hl. Joasaph auf die Besserung seiner Herde. Im einfachen
Volk hatte sich der Aberglaube gehalten. Der h. Bischof schrieb, daß das Volk in den
Städten und Dörfern Reste des Heidentums bewahrte: „Am Sonntag von Pfingsten
feiert es [das Volk] das heidnische Fest einer bestimmten Birke, und am Tag der Geburt
des Vorläufers – Kupala und Vetscherniza mit schändlichen Liedern und Sprüngen über
das Feuer.“ Der hl. Bischof wies die Geistlichkeit an, solches zu bekämpfen und ordnete
an, daß die Priester an Sonntagen nach der späten Liturgie (russ.: Obednja) das Volk
unterrichteten, sich richtig zu bekreuzigen und Gebete auswendig (?) zu lernen: Das
Dreimalheilig, das Gebet des Herrn, Gottesgebärerin Jungfrau..., den Bußpsalm (50.)
und das Glaubensbekenntnis, „angefangen bei den kleinen Kindern bis zu den älteren
Leuten soll man es ihnen auswendig vorsprechen, damit sie mit dem Priester
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mitsprechen bis [die Worte] sich in ihr Gedächtnis vertiefen.“
Die Sorge des hl. Bischofs um das einfache Volk zeigt sich auch in folgender
Anordnung: Er schrieb den Kirchendienern vor, auf folgendes zu achten: „erfüllen die
umherwandernden Zigeuner die christliche Pflicht der Beichte und der hl. Kommunion
und taufen sie ihre Kinder“.
Indem der hl. Bischof an seine Geistlichen strenge, aber stets gerechte Forderungen
stellte, kümmerte er sich gleichzeitig um ihre Bedürfnisse und setzte sich für die
Unrecht Leidenden ein. Als ein Gutsverwalter des Fürsten Jusupov eigenmächtig den
Kirchendiener des Dorfes verjagte, befahl ihm der hl. Bischof, auf seinen Platz
zurückzukehren, dem Gutsverwalter drohte er, anderenfalls die Kirche zu versiegeln
und dem Gutsbesitzer schrieb er nach Petersburg eine dringliche Bitte um eine
Während er die höheren Schichten [des Volkes] beständig an die Unumgänglichkeit des
Einhaltens der Fasten erinnerte, sah der hl. Joasaph in den Mißernten, die zu jener Zeit
in seiner Diözese geschahen, eine Strafe Gottes für die Verletzung der kirchlichen
Gesetze und er erinnerte die Geistlichen daran, daß sie für den Leichtsinn ihrer
geistlichen Kinder Gott Rechenschaft ablegen müssen.
Der Kommandant der Division Graf P. S. Saltikov hielt bei sich in der Großen Fastenzeit
Mahlzeiten mit Fleisch. Als der hl. Bischof den Grafen sah, bat er ihn eindringlich, diese
Beleidigung (russ.: Soblasn) einzustellen. Saltikov antwortete scharf , daß er, obwohl er
in der Diözese von Bjelgorod lebe, sich trotzdem nicht zur Herde des Gebieters
(Vladyka) zuzähle und ihm deswegen nicht zu Gehorsam verpflichtet sei. Der hl.
Bischof fuhr fort ihn zu überzeugen, und der Graf kehrte mit Tränen um.
Dieser Eifer zur Ehre Gottes verschaffte dem hl. Joasaph nicht wenig Feindschaft. Man
verurteilte und bedrängte ihn und legte über ihn Klage ein. Aber er ließ nicht ab in
In Bjelgorod wurde im Gefängnis ein geächteter ehemaliger Heerführer namens B. I.
Passek gefangen gehalten. Der hl. Joasaph, der allgemein den Gefangenen Wohltaten
erwies, sandte auch Passek Mahlzeiten von seinem Tisch. Davon erfuhr der
Gouverneur und bemerkte zum Bischof, daß er sich ohne Sinn um einen Feind des
Staates kümmere. Der hl. Bischof antwortete ruhig dem Gouverneur, daß er auch ihm,
wenn er sich irgendwann einmal in der Lage eines Gefangenen befinden sollte,eine
solche Mahlzeit schicken werde. Der aufgebrachte und verwirrte Gouverneur erbat
von ihm eine Erklärung des Gesagten. Da überführte ihn der hl. Bischof über viel
ungesetzliche Handlungen und ermahnte ihn, sich zu bessern. Der Gouverneur flehte
um Vergebung und versprach, seine Vergehen zu bereinigen.
Die Barmherzigkeit war dem Hl. Joasaph in besonders hohem Maße zu eigen. Alle
seine Einkünfte aus der reichen Diözese verteilte er an die Armen, die immer freien
Zutritt zu ihm hatten. Vor großen Feiertagen sandte er den Armen mit seinem
vertrauten (?) Zellendiener Almosen: Geld und Kleider. Der Zellendiener sollte,
nachdem er alles am Fenster oder an der Schwelle des Hauses hingelegt hatte, an die
Wand klopfen, um die Aufmerksamkeit der Eigentümer zu wecken und dann schnell
unerkannt verschwinden. Als der Zellendiener krank war, da schlich sich der hl. Bischof
selbst, indem er die Minute, als der Türwächter des bischöflichen Hauses nicht am Tor
stand, in der Kleidung eines einfachen Mannes auf die Straße und ging in die Stadt mit