27. Juli – Das Leiden des heiligen Großmärtyrers Panteleimon
übergab er nach verschiedenen Qualen verschiedenen Arten des Todes. Der Arzt
Euphrosyn kam oft mit Arzneien in der kaiserlichen Palast des Quälers oder zu ihm
selbst oder zu seinen Höflingen, denn dieser Arzt versorgte den ganzen kaiserlichen
Hof mit Mitteln gegen Krankheiten. Als Euphrosyn zum Kaiser in den Hof, kam
begleitete ihn auch das Kind Pantoleon, der seinem Lehrer folgte undalle staunten
über die Schönheit und den guten Verstand des Kindes Und der Kaiser fragte, als er ihn
„Woher stammt er, und wessen Sohn ist er?“
Nachdem er die Antwort erhalten hatte, befahl der Kaiser dem Lehrer, das Kind
schneller und so gut wie möglich in aller ärztlichen Kunst zu unterweisen. Er äußerte
den Wunsch, ihn immer bei sich zu haben, damit er würdig vor dem Kaiser auftrete
und ihm diene. Zu dieser Zeit war der Jüngling schon erwachsen geworden.
In diesen Tagen war in Nikomedia ein Priester und Starez (weiser und alter Mann) mit
Namen Ermolaos (siehe sein Leben unter dem 26. Tag des gleichen Monats), der sich
aus Furcht vor den Gottlosen mit einigen Christen in einem kleinen unbedeutenden
Haus verbarg. Der Weg Pantoleons, auf dem er von seinem Hause zu dem Lehrer und
zurück ging, lag neben der Wohnung, in der sich Ermolaos verbarg. Ermolaos, der den
Jüngling oft an seinem Fenster vorübergehen sah, erkannte aus Antlitz und Blick seine
Art. Da er im Geiste sah, daß dieser Jüngling ein auserwähltes Gefäß Gottes sein werde,
ging Ermolaos einmal hinaus, um dem Jüngling zu begegnen und bat ihn, nur eine
ganz kleine Weile zu ihm ins Haus zu kommen. Der bescheidene (sanftmütige) und
gehorsame Jüngling ging in das Haus des Starzen. Nachdem er ihn neben sich gesetzt
hatte, fragte ihn der Starez nach Herkunft und Eltern, nach dem Glauben und nach der
ganzen Art (Bilde) seines Lebens. Der Jüngling erzählte alles ausführlich und berichtete,
daß seine Mutter eine Christin war und gestorben war, sein Vater aber lebe und den
heidnischen Gesetzen gemäß viele Dämonen achte. Und der heilige Ermolaos fragte ihn
„Nun, du gutes Kind! Welcher Seite und welchem Gauben wolltest du angehören dem
väterlichen oder dem mütterlichen?“
Der Jüngling antwortete: „Meine Mutter lehrte mich, als sie noch lebte, ihren Glauben
und ich gewann ihren Glauben lieb. Aber der Vater, als der Stärkere, nötigt mich, die
heidnischen Gesetze zu erfüllen und wünscht, mich in den Palast einzuführen und in die
Reihe der engsten und vornehmen Krieger und Diener des Kaisers zu stellen.“
Der heilige Ermolos fragte wieder: „Aberwelche Lehre lehrt dich dein Lehrer?“
der Jüngling antwortete so: „Die Lehre des Asklepias, des Hypokrats und des Galenos
(berühmte Ärzte des Alterums). Denn so wollte es mein Vater und auch der Lehrer
sagt, daß ich, wenn ich deren Lehre erfasse, jegliche Krankheit der Menschen leicht
In den letzten Worten fand des hl. Ermolaos. einen Einstieg zu einem (seelen-)
nützlichen Gespräch und begann in das Herz des Jünglings wie in gute Erde, den guten
Samen der Worte Gottes zu säen: „Glaube mir, - sprach er- o guter Jüngling, ich sage
dir eine Wahrheit: Die Lehre und die Kunst des Asklep, des Hypokrates und des Galen
sind nichtig und sie können den zu ihnen Flüchtenden wenig helfen. Ja, auch die Götter,
die der Kaiser Maximian, dein Vater und die übrigen Heiden verehren, sind nichtig und
nichts anderes als Fabel und Betrug für Geistesschwache (Unwissende). Der wahre und
27. Juli – Das Leiden des heiligen Großmärtyrers Panteleimon
allmächtige Gott ist nämlich einer, Jesus Christus. Wenn du an Diesen glaubst, wirst du
jegliche Krankheit allein durch die Anrufung Seines Allreinen Namens heilen. Denn Er
gab Blinden das Augenlicht, Aussätzigen die Reinheit, Tote erweckte Er. Dämonen,
denen sich die Heiden verneigen, trieb er mit einem Wort Menschen aus. Nicht nur Er
selbst, sondern auch Seine Kleider brachten Heilung: denn eine Frau, die 20 Jahre an
Blutfluß gelitten hatte, wurde sogleich,, als sie nur den Saum Seines Gewandes berührt
hatte, geheilt. Aber wer kann umfassend von allen seinen Wundertaten erzählen? Wie
es unmöglich ist, die Sandkörnerdes Meeres, die Sterne des Himmels und die
Tröpfchen des Wasser zu zählen, so unmöglich ist es,die Wunder zu zählen und die
Größe Gottes zu messen. Auch jetzt tröstet Er, Der Seinen Dienern ein starker Helfer
ist, die Betrübten, heilt die Kranken, erlöst von Elend und befreit von allen feindlichen
Übeln, indem er nicht abwartet, um was Er von dem einen oder anderen gebeten wird,
sondern Er kommt den Gebeten und selbst der Regung des Herzens zuvor. Er gibt
auch denen, die Ihn lieben, die Kraft solches zu tun und schickt ihnen die Gabe zu noch
größeren Wundertaten. Schließlich gewährt er das nicht-endende Leben in der ewigen
Herrlichkeit des Himmelreichs. “
Pantoleon glaubte diesen Unterweisungen des hl Ermolaos als der Wahrheit und nahm
sie in sein Herz auf. Mit Freude vertiefte er sie im Geiste und sagte zu dem hl. Starzen:
„Ich hörte viele Male von meiner Mutter und sah oft, wie sie betete und den Gott
anrief, von Dem du mir erzählst.“
Von diesem Tag an ging Pantoleon jeden Tag zu dem Starzen und erquickte sich an
dessen gottgeistigen Gesprächen und festigte sich in der Erkenntnis des wahren Gottes.
Und wenn er von seinem Lehrer Euphrosyn zurückkehrte, dann ging er nicht eher
nach Hause als er nicht den Starzen besucht und von ihm seelennützliche Unterweisung
Einmal geschah es ihm, daß er, als er auf dem Rückweg von dem Lehrer etwas zur
Seite abgebogen war, ein totes Kind fand, das von einer gewaltigen Schwarzotter
gebissen worden war, und die Schwarzotter selbst, die ebendort nahe des Verletzten
lag. Als Pantoleon dies sah, erschrak er zuerst und wich ein wenig aus, aber dann
„Jetzt ist die Zeit für mich gekommen, daß ich erprobe und mich überzeuge, ob all das,
was der Starez Ermolaos erzählt, wahr ist.“
Indem er zum Himmel aufblickte sprach er:
„Herr Jesus Christus, ich bin zwar unwürdig, Dich anzurufen, aber wenn du willst, daß
ich dein Knecht werde, so zeige Deine Kraft und mach, daß in Deinem Namen dieses
Kind wieder lebe, die Schwarzotter aber vertrockne.“ Und sogleich stand das Kind
lebendig auf gleichwie als ob es geschlafen habe, die Schwarzotter aber zerplatzte. Da
wandte Pantoleon, der nun vollständig an Christus glaubte, seine leiblichen und
geistigen Augen zum Himmel und lobte Gott mit Freude und Tränen dafür , daß Er ihn
aus der Finsternis zum Licht Seiner Erkenntnis geführt hatte. Schnell ging er zum
heiligen Ermolaos dem Priester, fiel zu seinen ehrbaren Füßen nieder und bat um die
Taufe. Er erzählte ihm von dem Geschehenen, wie das tote Kind lebendig geworden
war durch die Kraft des Namens Jesu Christi und wie die Schwarzotter umgekommen
war, die den Tod verursacht hatte.
Der hl Ermolaos verließ das Haus und ging mit ihm, um die verendete Schwarzotter
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anzuschauen und als er sie sah, dankte er Gott für das geschehene Wunder, durch das
er Pantoleon zu Seiner Erkenntnis geführt hatte. Nach Hause zurückgekehrt taufte er
den Jüngling im Namen des Vater und des Sohnes und des Heiligen Geistes und, indem
er in seinem inneren Zimmer die Liturgie vollzog, ließ er ihn teilhaben an den
Göttlichen Geheimnissen (Mysterien, Sakramenten) des Leibes und Blutes Christi.
Nach der Taufe blieb Pantoleon sieben Tage beim Starzen Ermolaos und lernte von den
göttlichen Worten, die er durch den Mund und die Gnade Christi empfing: wie aus
einer Quelle lebendigen Wassers mästete er seine Seele zum Reichtum geistiger
Früchte. Am achten Tag ging er zu sich nach Hause und sein Vater fragte ihn:
„Mein Sohn, wo bist du so viele Tage gewesen? Ich war in Unruhe um deinetwegen.
Der Heilige antwortete:„Mit dem Lehrer war ich beim Kaiser am Hof. Manheilte einen
Kranken, den der Kaiser sehr liebt und ging sieben Tage nicht weg von ihm bis er die
Gesundheit erlangt hatte.“
So sprach der Heilige keine Lüge, sondern teilte ihm in Gestalt eines Gleichnisses (...) die
Wahrheit mit. Im Geist nannte er als Lehrer den hl. Priester Ermolaos, unter dem
kaiserlichen Palast verstand er den inneren Ruheraum, in dem das göttliche Geheimnis
(Mysterium) vollzogen worden war und als Kranken bezeichnete er seine Seele, die der
himmlische Kaiser liebte und die sieben Tage lang geistige Heilung empfangen hatte.
Als er am nächsten Morgen zum Lehrer Euphrosyn kam, fragte ihn dieser: „ Wo
stecktest du so viele Tage?“
„Mein Vater hatte ein Gut gekauft und sandte mich, es zu empfangen, und ich zauderte
nicht während ich alles, was da ist, sorgfältig begutachtete. Denn es war für einem
Auch dieses sprach er im Gleichnis in Bezug auf die Taufe, die er empfangen hatte und
in Bezug auf die übrigen Geheimnisse (Mysterien) des christlichen Glaubens, die er
kennengelernt hatte und die alle von ungewöhnlichem Wert, der allen Reichtum
überstieg, waren, denn sie waren durch das Blut Christi erworben. Als Euphrosyn die
hörte, stellte er seine Befragung ein. Der selige Pantoleon aber war übererfüllt von der
Gnade Gottes, da er den Schatz des heiligen Glaubens in sich trug. Er sorgte sich sehr
um seinen Vater und wie er ihn aus der Finsternis des Götzenwahns heraus - und hin
zum Licht der Erkenntnis Christ< hinführen könnte und, indem er mit ihm in Weisheit
Gleichnisse und Fragen erörterte, sagte er ihm täglich:
„Vater! warum stehen die Götter, die als Stehende gemacht sind, so wie anfangs
aufgestellt wurden auch bis zum heutigen Tag und setzen sich niemals. Diejenigen aber,
die als Sitzende gemacht wurden, sitzen bis heutigen Tags und stehen niemals auf?“
„Deine Frage ist mir nicht ganz klar - antwortete der Vater - ich weiß selbst nicht, was
darauf zu antworten ist.“
Der Heilige, der dem Vater beständig neue ähnliche Fragen vorlegte, zwang diesen, an
seinen Göttern zu zweifeln und nach und nach die Lüge und Verirrung der
Götzenverehrung zu verstehen. Der Vater hörte schon auf, die Götzen so zu verehren,
wie er sie früher verehrt hatte, als er ihnen täglich vielzahlige Opfer und Verbeugungen
dargebracht hatte. Er begann, sie zu verachten und sich ihnen nicht mehr zu verneigen.
Dieses sehend freute sich Pantoleon, daß er im Vater Zweifel bezüglich der Götzen
geweckt hatte, wenn er es auch nicht geschafft hatte, ihn vollständig von ihnen
abzubringen. Nicht nur einmal wollte Pantoleon die Götzen seines Vaters, deren es im
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Haus viele gab, zerschlagen, aber er hielt sich im Zaum, teils um nicht seinen Vater zu
erzürnen, den man den Geboten Gottes gemäß ehren soll, und teils erwartete er, wann
der Vater den wahren Gott erkannt habend sie mit seiner Hand zertrümmern wollte.
Zu jener Zeit brachte man zu Pantoleon einen Blinden, der in folgender Weise um
Heilung bat: „Ich bitte dich inständig, schone mich Erblindeten und des kostbaren
Lichtes Beraubten. Alle Ärzte, welche es in dieser Stadt nur gibt, behandelten mich und
ich empfing von ihnen keinerlei Nutzen, sondern ich ging selbst der letzten Blitze des
Lichtes, die ich sehen konnte, verlustig samt meines ganzen Besitzes. Denn ich wandte
viel auf, um sie zu belohnen, aber anstatt der Heilung erhielt ich von ihnen nur Schaden
Der Heilige erwiderte ihm: „Wenn du all deine Habe an die Ärzte gegeben hast, von
denen du keinen Nutzen empfingst, womit willst du dann mich entlohnen, wenn du die
Heilung erlangst und sehen wirst.“
„Alles das wenige Letzte, - sagte der Blinde - was ich noch habe, werde ich dir mit
Der Heilige äußerte: „Die Gabe des Sehendwerdens, die für dich das Licht öffnet, möge
dir der Vater der Lichter , der wahre Gott durch mich, seinen unwürdigen Knecht
geben, du aber gib das Versprochene nicht mir sondern verteile es an die Armen.“
Dieses hörend sprach Eustorgios der Vater Pantoleons zu ihm: „Mein Sohn! Entschließe
dich nicht, eine solche Sache zu berühren, die du nicht ausführen kannst, sonst wirst du
verlacht werden. Was kannst du in Wirklichkeit mehr tun als die besseren Ärzte als du,
die ihn behandelten und nicht heilen konnten?“
„Niemand - erwiderte der Heilige - von diesen Ärzten weiß, welches Mittel im
gegebenen Fall angewendet werden muß, wie ich es weiß, denn es ist ein gewaltiger
Unterschied zwischen ihnen und meinem Lehrer, der mit dieses Mittel eröffnete.“ Sein
Vater, der glaubte, daß er von dem Lehrer Euphrosin sprach, bemerkte: „Ich hörte, daß
auch dein Lehrer diesen Blinden behandelte und nichts ausrichten konnte.“
„Warte ein wenig, mein Vater - antwortete Pantoleon - und du wirst die Kraft meiner
Heilung sehen.“ Während dieser Worte berührte er mit den Fingern die Augen des
Blinden und sprach: „Im Namen meines Herrn Jesus Christus, der die Blinden
erleuchtet, werde sehend!“ Sogleich öffneten sich die Augen des Blinden und er fing an
zu sehen. Und in dieser Minute fing der Vater Pantoleons Eustorgios zusammen mit
dem sehend gewordenen Menschen an, an Christus zu glauben, und sie wurden vom
heiligen Priester Ermolaos getauft und erfüllt von großer geistlicher Freude über die
Dann begann Eustorgios in seinem Hause alle Götzen zu zerschlagen, wobei ihm sein
Sohn, der hl. Pantoleon, half. Nachdem sie die Götzen in Stücke zerschlagen hatten,
warfen sie die letzteren in eine große Grube und schütteten Erde darüber. Danach lebte
Eustorgios noch eine kurze Zeit und verschied dann zum Herrn. Pantoleon aber, der
zum Erben des ziemlich beträchtlichen väterlichen Vermögens geworden war, gab
sogleich den Sklaven und Sklavinnen die Freiheit, nachdem er sie großzügig entlohnt
hatte. Das Vermögen aber begann er, an die Notleidenden zu verteilen: an die Elenden,
Armen, Witwen und Waisen. Er ging in die Gefängnisse und besuchte alle, die in
Fesseln litten, tröstete sie durch ärztlichen Beistand und Gabe dessen, was sie bedurften.
Auf diese Weise war er ein Arzt nicht nur der Wunden sondern auch der Armut der