2. Die russische Geistlichkeit und ihr
Wirken
in Deutschland:
Seelsorge und Begegnung mit der Or-
thodoxie
Mit den Kirchen kamen natürlich auch ru s s i s c h - o r t h o-
doxe Geistliche nach Deutschland. In der Regel gehörte zu
einer Kirc he ein Priest er, ein Sänger und ein Lektor (Psal-
mist) .Diakone
allemzu besonderen Anlässen wie Kirchweihen, Besuche
hoher Persönlichkeiten usw.
Die offizielle Aufgab e der Geistlichkeit bestand natür-
lich in der Betreuung der ihnen anvertrauten Kirche und
Gläubigen. Die Gemeinden waren aber in der Regelsehr
d e r en Angehörige, speziell dann, wenn es sich um Privat-,
Hof- und Botschaftskirchen handelte. Das kir chliche Leben
dieser Gemeinden fand in “abgeschlossenen” Räumen der
Botschaften und Schlösser statt, für die deutsche Öff e n t-
den Besuch der russischen Kurgäste die zahlenmäßige Be-
deutung der orthodoxen Gläubigen anwuchs und in deren
Gefolge dann russische Kirchen gebautwurden. Beiden
Kurpastorien handelte es sich im Grunde genommen aber
Monate amOrt verweilten. D ennoch kamdiesen Kurkir-
chen und ihren Gemeinden eine ganz andere Bedeutung
hinsichtlich ihrer Öffentlichkeitswirkung zu: Erstmals trat
einer“bre i t e r en
Öffentlichkeit”,diehier
nichtnurdie
erhielt,sondern
allgem einmit
“Fremdartigkeit” der Orthodoxie konfrontiert wurde – das
typische r ussische Kirchengeläut (der Klöppel der Glocken
w i rd an die unbeweglichen Glocken geschlagen), das Kir-
c h e n i n n e r e mitseiner Ikono stase und den vielen Ikonen,
der Gebrauch der Kerzen im Gottesdienst, der Kirc h e n g e -
Zwar wurden auch römisch-katholische Gottesdienste zu
Grundsteinlegung des Hospizes in Bad Homburg 1910 durch Erz-
priester Aleksej Mal´cew
Got tesdienstenmit
einem ganz anderen liturgischen Reichtum konfrontiert.
g e f ö r dert, doch blieb dieses Inter-
esse bis in die20er Jahre unsere s
vonWissenschaftlernund
Theolo genbeschränkt.A n d e r e r -
seits lernten die russischen Geist-
lichen, die nachD e u t s c h l a n dv e r -
Formkirchlicher Kultur und Tr a -
dition kennen, meistdie der pro-
durch diese Begegnung angeregt und sahen hier neue Wir-
chen ihrer Gastländer und fühlten sich gleichzeitig verant-
der Orthodoxie einer breiteren Öffentlichkeit näherzubrin-
schen Aufgab en, eine ihrer Pflichten darin erblickten, die
Orthodoxie unterden Deutschen bekanntzumachen, d.h.
ein wenig von dem für Deutsche Fremdartigen, dem “Exo-
tischen” zu nehmen. Diesversuchten sie durch die Über-
Berlin, Kirche des hl. Großfürsten Vladimir in der russischen Bot-
schaft „Unter den Linden“,
links im Bild Erzpriester A. P.Mal'cev